November­pogrome
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1938 in Niedersachsen

Stolzenau

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts siedelten sich die ersten jüdischen Familien in Stolzenau an. Sie verdienten ihren Lebensunterhalt mit dem Viehhandel und dem Verkauf landwirtschaftlicher Produkte.

1834 errichtete die Jüdische Gemeinde, zu der auch die Juden aus Nendorf und Leese gehörten, in der Thalstraße (heute „Hinterm Dahle“) eine Synagoge mit angeschlossener Schule und Lehrerwohnung. Bis dahin hatten die Gottesdienste in Betstuben von Privathäusern stattgefunden, unter anderem im Haus der Familie Hildesheimer, heute „Am Markt 7“.

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Vor dem Ersten Weltkrieg kam täglich ein Minjan zusammen, und an den Feiertagen soll die Synagoge bis auf den letzten Platz gefüllt gewesen sein. Der jüdische Friedhof befand sich an der Schinnaer Landstraße. Religiös waren die Stolzenauer Juden orthodox ausgerichtet.

Schon vor dem Ersten Weltkrieg begann mit der Abwanderung in die Großstädte der Niedergang der jüdischen Gemeinde. 1933 lebten nur noch etwa 25 Juden in Stolzenau, 1940 waren es noch 13.

1935 zwang eine Verordnung des Gemeinderates die noch in Stolzenau lebenden Juden zur Aufgabe ihrer Geschäfte.

In der Pogromnacht wurden sie Opfer von Übergriffen durch NSDAP-Mitglieder, die in ihre Wohnungen eindrangen. Die über 100 Jahre alte Synagoge war noch in ihrem ursprünglichen Zustand erhalten, als sie am 9. November 1938 ausgeplündert und in Brand gesetzt wurde. Die Kultgegenstände wurden öffentlich auf dem Markplatz verbrannt. Einige Tage später sprengte man die Umfassungsmauern und beseitigte die Reste des Gebäudes. Das „Stolzenauer Wochenblatt“ schrieb darüber am 12. November 1938: „Mit dem Abbruch der Synagoge ist ein Schandfleck aus unserer Gemeinde verschwunden und es gibt keinen Volksgenossen, der nicht froh darüber wäre, dass dieser hässliche und artfremde Bau dem Erdboden gleich gemacht worden ist.“

Ein Eck- oder Grundstein des Synagogengebäudes muss aber wohl bei einem der Beteiligten solch großes Interesse geweckt haben, dass der massive Stein mit hebräischer Inschrift („Zur Ehre unseres Schöpfers und zum Wohl unserer Kinder errichtet im Jahr 5595“) über 40 Jahre lang aufbewahrt wurde. Erst als der frühere Stolzenauer Eric Lipman 1979 Stolzenau besuchte, wurde ihm der Stein vom damaligen Bürgermeister quasi „zurückgegeben“. Eric Lipman ließ ihn nach Richmond/Virginia transportieren, wo er inzwischen lebte, und widmete ihn seiner Gemeinde „Congregation Beth Ahabah“. Im dortigen Museum kann der Grundstein der Stolzenauer Synagoge seitdem besichtigt werden.

Eck- oder Grundstein der 1938 abgerissenen Synagoge in Stolzenau. Beth Ahabah Museum & Archives, Foto: Ute Müller

Von den 15 bei Kriegsbeginn 1939 noch in Stolzenau lebenden Juden wurden zwölf 1942 über Nienburg in das besetzte Polen deportiert und ermordet.

Erst 2013 wurde an dem Grundstück „Hinterm Dahle“, auf dem die Synagoge gestanden hatte, eine Gedenktafel angebracht. Im selben Jahr wurden erste Stolpersteine verlegt. Der jüdische Friedhof an der Schinnaer Landstraße ist samt einer kleinen Trauerhalle und mehr als 120 Grabsteinen erhalten geblieben.

Ulrich Knufinke: Verschleppte Steine – Spolien zerstörter Synagogen aus Niedersachsen. In: Keßler, Katrin; Brämer, Andreas; Knufinke, Ulrich; Rürup, Miriam: Wandernde Objekte des Jüdischen (= Jüdisches Kulturerbe Bd. 3, hrsg. vom Netzwerk jüdisches Kulturerbe), Braunschweig 2022, S. 93 – 107.

Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum: Stolzenau (Niedersachsen)